
Aufruf mit Folgen: Hospiz verzeichnet nach HA-Bericht viele Anfragen potenzieller Helfer
Hanau – Der Bericht dieser Zeitung vom Sommer über die abnehmende Zahl der wichtigen ehrenamtlichen Helfer im Hanauer Hospiz Louise de Marillac hat ein überwältigendes Echo ausgelöst, wie nunmehr die Leitung berichtet. Einst unterstützten bis zu 20 Ehrenamtliche das Personal. Aus Altersgründen, privaten Veränderungen oder aus Zeitmangel schmolz die Gruppe jedoch auf zwölf Personen zusammen. Sieben Frauen seien nun hinzugekommen, zum Teil mit der Absicht, zunächst zu hospitieren.
Die Sorgen sind damit für Hospizleiterin Jeannette Marquardt nur ein wenig kleiner geworden. „Wir wurden von den vielen Anfragen völlig überrollt“, sagt Marquardt. „30 Anfragen gab es auf den Artikel, und wir sind mit dem Sortieren der Interessenten noch nicht fertig.“ Eine Gemeinsamkeit eint die potenziellen Ehrenamtlichen, stellt die Leiterin fest. „Bislang hatten alle Interessenten schon einmal Kontakt mit dem Hospiz wegen eines Angehörigen oder Bekannten.“
Dies gilt auch für die drei Frauen, die seit Kurzem das Team der festen Ehrenamtlichen auf 15 erhöht haben. Sie haben das Haus für unheilbare Patienten, die dort Gäste heißen und die im Sterben liegen, wegen der „wunderbaren Atmosphäre“ in Erinnerung. „Meine Mutter verstarb hier vor zwei Jahren“, sagt Sybille Tscherney. Die drei Wochen, die ihre Mutter noch in dem Haus verbracht habe, empfand Tscherney als „sehr angenehm“. Eigentlich habe sie sich schon früher im Hospiz engagieren wollen, der Beruf habe das jedoch nicht zugelassen. Nun ist sie in Rente. Den „Schubs“ habe sie durch den Artikel in unserer Zeitung erhalten.
Sie habe sich vor dem Einstieg zwei Schnuppertage ausbedingt. „Ich wollte erst einmal sehen, ob ich das hinbekomme“, sagt die Limeshainerin. Sie hilft derzeit beim Zubereiten des Abendessens für die Gäste und wenn gewünscht auch für deren Besucher. Die eigene Freizeit aktiv an einem Ort zu verbringen, wo Menschen ihre letzten Tage verleben, habe im Verwandten- und Bekanntenkreis unterschiedliche Reaktionen ausgelöst – von Bewunderung bis Ablehnung.
Durchgehend positive Reaktionen erfuhr Charlotte Schmidt. Sie habe schon immer ein offenes Ohr und eine helfende Hand für Menschen in Not gehabt. Nach dem Tod ihrer Mutter ließ sie sich schon 1997 zur Hospizhelferin ausbilden. Familie und die Arbeit hätten ihr damals jedoch zeitlich keine Luft gelassen, das Ehrenamt auszuüben. Als sie nun ihren zweiten Großvater zum Sterben begleitet habe, sei das Engagement wieder geweckt worden. „Ich wollte noch mal was Anderes, Sinnvolles tun“, sagt Schmidt. Zurzeit kocht sie Marmelade für das Hospiz ein – für den Eigenverbrauch der Einrichtung und vor allem für den Verkauf etwa auf dem Adventstisch, um die Erlöse der Hospizarbeit zukommen zu lassen.
Bei Marianne Lemmer ist es die Kuchenproduktion, mit der sie sich seit Kurzem einbringt. „Es ist ein Segen, dass es ein solches Haus gibt“, sagt sie mit Hinweis auf ihren Schwager, der dort seine letzten drei Wochen verbringen durfte. Nun, nach dem Arbeitsleben, habe sie die Zeit, entsprechend ihren Möglichkeiten zu unterstützen. Gesucht wird derzeit noch ein ehrenamtlicher Gärtner. Und noch ein weiterer Punkt bereitet der Leiterin aktuell Sorgen: Das Haus wird zu einem nicht geringen Teil aus Spenden finanziert. „Seit Mitte des Jahres bemerken wir einen massiven Spendenrückgang“, sagt Marquardt. Seien davor durchschnittlich rund 6000 Euro im Monat zusammengekommen, liege das Niveau derzeit bei rund 2000 Euro. Marquardt führt die Entwicklung auf die allgemeine wirtschaftliche Lage im Land zurück. „Für das Hospiz wird die nächste Zeit zu einer Herausforderung werden.“ Acht bis zwölf Gäste verweilen zeitgleich im Hospiz, das eine Einrichtung der St. Vinzenz Soziale Werke gGmbH (Fulda) ist.
Laut Marquardt kann das Engagement der Ehrenamtlichen, derzeit nur Frauen, nach Wunsch wechseln. Für die direkte Arbeit mit den Gästen ist jedoch oftmals ein Kurs vorab nötig. Wer dem Hospiz in seiner Freizeit beiseitesteht, macht dies in der Regel mit vollem Einsatz, wie aus der Besprechungsrunde von Marquardt mit ihrem Helferteam zu erfahren ist. „Die hauptamtliche Pflege weiß die Entlastung etwa beim Abendbrotmachen zu schätzen“, sagt Marquardt.
Wenn dann doch mal eine Pflegekraft oder jemand aus der Verwaltung sich für den Küchendienst einträgt, dann, so die Hospizleiterin, weil es „manchmal so toll ist, etwa nach Stunden an der PC-Tastatur auch mal einen Haferschleim anzurühren“. Diese Aussage wird im Sitzungsraum mit heiterem Lachen quittiert.
Quelle: Hanauer Anzeiger vom 05.12.2024, Seite 21 / Detlef Sundermann